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Transkription des Gesprächs mit Jonny Buchardt.

Intro WDR1

WDR1. Meine Damen und Herren Sie hören nun “Bin nur ein Jonny. Lebensgeschichten eines Komikers. Jonny Buchardt.”

Live-Mitschnitt eines Auftritts (1. Teil)

Jonny Buchardt

Mein heimliches war also immer Imitation und habe im Bett gelegen und habe Rennautos und Flugzeuge und all so was imitiert. Und das konnte ich gut, war super. Ich hab dann angefangen, mein Stiefvater war ein hervorragender Tänzer, Tanzpaar gewesen, Ruth und Erik Buchardt damals und der hat dann mit mir angefangen zu trainieren und wir haben uns dann ne Nummer zusammen gestellt. Akrobatik, Tanz mit ich habe Piano gespielt, Chansons gesungen, er hat oben wie so damals Brenn und Gordon so in der Art, saß er oben auf dem Flügel, und hat Antwort gegeben, was natürlich saukomisch war mit seinem gebrochenem Deutsch und dann haben wir Doppelgags gemacht. Also wir waren damals ne sehr sehr moderne Nummer. Ein bisschen also für Deutschland vielleicht zu modern, also amerikanisch. Das erste Engagement hat uns die Mama gemacht und zwar in Hamburg und wir waren also so modern und so amerikanisch weisst du mit Hüte vorne hoch, enge Hosen, was man damals ja gar nicht kannte in Deutschland. Und dann weiss ich noch an dem erste Abend nachdem wir fertig waren, kam der Direktor in die Garderoben und hatte so einen Stuhl in der Hand und gesagt “wenn sie nicht in zehn Minuten aus dem Theater sind, dann schlag ich sie tot”.

Live-Mitschnitt eines Auftritts (2. Teil)

Jonny Buchardt

Nach dem Kriege, haben mein Partner und ich angefangen beim Engländer. Wie haben die englischen Tourneen alle gemacht, die englischen Clubs bespielt. Die Art der Komik in England oder Amerika ist ja eine ganz andere wie unsere. Und da musste man sich eben umstellen und das viel mir nicht schwer, aus dem einfachen Grunde, weil eben mein Partner und mein Stiefvater Däne war also schon so’n bisschen englische Mentalität hatte. Und dadurch waren kamen wir da riesig an.

Live-Mitschnitt eines Auftritts (3. Teil)

Jonny Buchardt

Und da kamen wir nach Hamburg, das war damals das Garrison Theater, und da kam ein Mann zu mir nach der Veranstaltung und stellte sich vor als Major Bontons, Jack Bontons. Vergesse ich nie. Und sagte, eh ja, also, ich bin Jack Bontons aus London und ich habe eine Agentur in London, Bontons & Newport, war damals eine der größten Agenturen und man hat mir von ihrer Darbietung von ihrer Nummer erzählt aber ich bin leider zu spät gekommen. Ich konnte sie leider nicht mehr sehen, sonst könnte ich sie buchen. Hab ich gesagt, nun ja Gott, setzen sie sich Morgen in die Show. Sagt er ne ne, ich fliege heute Abend wieder nach London. Da habe ich gesagt, was können wir da machen? Und da sagt er, ja, zeigen sie mir mal ihre Nummer. Da hab ich gesagt was heißt zeigen? Ja sagt er, sie haben doch bestimmt oben im Theater irgend wo so ein Ballettsaal, holen wir uns n Pianisten und dann machen sie mir ihre Nummer vor. Habe ich gesagt, also hören sie mal, ich kann ja nicht für einen Mann nicht hier hin setzen, da komme ich mir ja idiotisch vor. Sagt er ich bin Fachmann, ich weiss das schon, ich sehe das. Und, haben wir es gemacht. Der saß da tot ernst. Der Pianist klimperte da rum und wir haben unseren Käse da abgezogen. Und dann sagte er also danke schön und sie hören von mir. Und da habe ich gedacht, öh, das wars. Und drei Tage später rief er an und sagte, passen sie mal auf, wenn sie ein Mädel mit in ihre Nummer rein nehmen, mache ich ihnen sofort einen Jahresvertrag nach Indien. Nu, du kannst dir vorstellen, 1947-48 nach Indien! Ich hatte ja noch nicht einmal einen Pass. Hast ja nur noch diese Reisedokumente, da geb es ja noch gar kene Pässe. Da sind wir natürlich gesprungen wie die Verrückten. Und jetzt was für ein Mädel rein nehmen? Damals gab es die Tochter von Addi Münster, die Hannelore. Die hatte ihre eigene Nummer, die hatte eine Kautschuk-Nummer, sehr süss, der Addi damals also, da war er voll drin. Und eh, bin ich hin also Addie pass mal auf, wie haben einen Vertrag nach Indien und wir möchten das deine Tochter mit uns im Trio arbeitet. Und da sag er du spinnst doch oder was? Was will sie denn? Sie wollte natürlich gerne. Und eh, tja, also hin und her, da hat der Addi gesagt gut als du behandelst sie als Bruder und der Erik, mein Stiefvater, ist der Vater und dann kann sie mit. Da war sie ja damals achtzehn. Na ja, nun gut da waren wir, ein Jahr dar und für mich war es ein fantastisches Leben. Ich habe im Grand Hotel ein Apartment gehabt, habe da gewohnt. Habe dann auch eine Inderin kennen gelernt. Habe die geheiratet und wie dann die zweieinhalb Jahre rum waren, muss ich ehrlich sagen, wollte ich mal Schnee sehen. Die vielen Jahre war ich da drüben und habe mich auch an die Hitze und die Menschen gewöhnt. Indien ist ein herrliches Land, wenn man es kennt, die meisten reden ja immer nur von dem Dreck und von dem Elend. Natürlich ist viel Elend da und ist viel Dreck da, da gibt’s nix. Aber wenn man da lebt, sieht es natürlich anders aus, wie in jedem Land, das ist klar. Wenn man die Menschen kennen lernt und ein bisschen die Sprache kennen lernt. Als ich wär da, ich hätte leben können. Dann hatte meine Mutter Heimweh nach mir. Ich hatte Heimweh nach Schnee, ich wollte mal wieder was sehen und dann bin ich rüber mal nach Deutschland. Dann habe ich meine Mutter wieder gesehen, die wohnte damals in Düsseldorf und mein Stiefvater auch. Nah ja, dann hats mir zu Hause wieder gefallen und dann hab ich gedacht och Gott da jetzt wieder zurück und da hebe ich meine Frau nachkommen lassen nach Deutschland. Und jetzt habe ich gedacht, jetzt musst du ja wieder arbeiten und da ich ja gar keine Beziehungen zu deutschen Häusern oder irgend was hatte, damals Variétés für mich, lags auf der Hand beim Amerikaner anzufangen, mit Clubs. Das ist ja ganz verständlich. Ich war wie gesagt schon so amerikanisiert, in meinem Humor und schon so auf Englisch eingestellt, das ich mir hätte gar nicht vorstellen können wie ich in einem deutschen Haus arbeiten soll. Ich hätte vollkommen umstellen müssen, repertoiremäßig und alles. Und da bin ich also, war ich fast drei Jahre nur in amerikanischen Clubs und lief ununterbrochen. Und eh, bin immer, wie gesagt, um die deutschen Häuser drum herum. Bis eines Tages habe ich mal zufällig auf der Straße, der war damals Klaaß hieß der. Und der sprach mich auf der Strasse an und sagte, mensch ist ja toll das ich dich treffe, glaubst du, du könntest auf Deutsch ein Programm konferieren im Kaiserhof in Köln? Warum soll ich das nicht machen? Ja sagt er, ich habe dich immer nur auf Englisch gehört und so weiter und so fort. Ja das einzige woran du dich gewöhnen müsstest, wäre in dem Fall das ich nicht so arbeite, wie eben die meisten deutschen Conférenciers arbeiten, die zwischen jeder Nummer fünfzehn Minuten reden, und im Solo fünfundzwanzig Minuten. Sage ich, ich mach das amerikanisch. Ich mache drei, vier, fünf gute Gags zwischen jeder Nummer, bau die Nummer auf, aber habe ein starkes Solo. Ich sage mir immer, ein Ansager oder ein Conférencier. Conférencier ist ein Ansager, und das sagt ja schon das Wort Ansager. Der ist da um anzusagen, was jetzt kommt. Und so arbeiten auch die meisten Conférenciers im Ausland. In England oder Amerika, die nennen es ja MC, Master of Ceremony. Der kommt raus, der begrüßt die Leute, macht zwei drei Gags, bringt die erste Nummer raus macht noch ein zwei Gags, aber im Solo sind sie entweder super Sänger oder Parodisten, also sie haben eine starke Nummer. Und das war meine Idee und ich war es auch so gewohnt. Und da hat man mir damals gesagt, also damit kommst du in Deutschland nicht durch. Das ist unmöglich. Die sind das so gewohnt und ich stand immer auf dem Standpunkt, so gut wie ja unsere Conférenciers früher waren, na da gibts ja also gar nichts gegen. Ob das jetzt Willi Rentmeister war, oder Gerd Krönlein, Adolf Gondrel die großen Namen, die wirklich tolle Leute waren auf der Bühne. Nix dagegen, das war aber damals die Zeit. Und dann, wenn du da drin saßt als Fachmann mehr oder weniger, und hast dir das angehört dann habe ich mir immer gesagt, das ist kein Variété-Programm, das ist ne Adolf Gondrel Show. Weil die sich so in den Vordergrund gespielt haben, das alles eben auf diesen Conférencier beruhte. Und das fand ich nicht gut. Ein Mann macht noch lange keine Show.

Live-Mitschnitt eines Auftritts (4. Teil)

Jonny Buchardt

Mein erstes deutsches Engagement war die Femina (Variété) in Aachen. Und dann ging’s los. Dann kam also Vaterland Hamburg, und dann bekam ich die Häuser Astoria Bremen und dann war ich sechs Jahre hintereinander jedes Jahr zur GOP in Hannover zur Messe, schon allein wegen der Sprachen. Habe ich übrigens mal ein nettes Ding erlebt, da habe ich mir immer so im Hinterhalt, so im Hintertürchen habe ich mir immer die Finnen gehalten. Finnisch sprechen ja nur die Finnen. Und ich hatte weil ich öfter in Finnland war, habe ich mir viele Sätze, so Leute begrüßen, habe ich mir angelernt, sonst kannst Du das nicht lernen. Das ist eine Wahnsinns Sprache. Und die habe ich immer im Hinterstübchen gehalten. Jetzt habe ich die Leute begrüßt auf Englisch, Französisch, Spanisch, Dänisch und dann habe ich zum Schluss gefragt, ist sonst noch jemand da und dann wusste ich wenn Finnen drin waren und dann riefen die natürlich Finnland, Suomi, und dann habe ich auf Finnisch begrüßt und dann haben die natürlich gebrüllt und nie dran gedacht.. und eines Abends saß eine Frau vorne direkt vor der Bühne, und sagte, bitte das selbe nochmal auf Arabisch. Totenstille in den Laden. Hab ich gesagt, ja selbstverständlich gnädige Frau kein Problem …(Jonny spricht Arabisch)… sagt sie Moment, Moment, das ich doch nicht Arabisch. Sag ich, das wissen Sie und ich, aber die anderen doch nicht.

Live-Mitschnitt eines Auftritts (5. Teil)

Jonny Buchardt

Jeder hat doch irgend wo ne gewisse Routine. Die drin ist. Einen gewissen Rahmen den er hat. Ich hab zum Beispiel, gerade der Amerikaner, das war ja die beste Schule. Der Amerikaner zum Beispiel wenn Du da raus kommst in einem Club und stehst jetzt auf dem Parkett als Conférencier, dann bist du erst mal für die Amerikaner ne Schießbudenfigur. So gehts los. Und die fangen schon an sofort dir was rauf zu rufen. Und das ist quasi n Test, die wollen dich testen und da legt man sich natürlich sagen wir mal so zehn zwölf Sprüche, die legt man sich zurecht, also ist klar. Und beim Amerikaner ist es natürlich ganz anders. Der Ami der hat irgendwie ich weiss nicht der reagiert auf ganz andere Dinge. Du kannst zum Beispiel, wenn du irgend wie auf, beim Amerikaner, irgendwie ansprichst auf Religion zum Beispiel aber in einer Witzform, wird er ruhig. Da ist mir zum Beispiel ein Ding in Nürnberg was passiert, da war ich in einem Club und da war irgend einer weisst du so, du hast immer so Typen im Publikum sitzen der irgendwie sich wichtig tut, auf jeden Fall hatte der so ein Cent-Stück, ein Cent Kupferstück und den schmiss der nach mir. Ich hab das erst nicht mitgekriegt und bekam den genau gegen die Oberlippe mit der Kante. Das hat sofort geblutet und wenn eine Lippe blutet hört ja nicht mehr auf. Da war plötzlich totenstille weil die bemerkt es war ein Schmerz und da habe ich das Cent-Stück aufgehoben und so in Publikum geguckt und gesagt wer immer den auch geschmissen hat dem möchte ich nur sagen, das ein Cent-Stück öfters zur Kirche geht als der Dollar. Haben se applaudiert und war Totenstille. Verstehst’e, das meine ich damit, das ist die Mentalität die der Amerikaner hat. Die sagen immer der trägt sein Herz auf der Schulter. Also wenn damit irgendwie anfängst hast du sie sofort.

Live-Mitschnitt eines Auftritts (6. Teil)

Jonny Buchardt

Die Variété-Zeit, die könnte man wieder auferstehen lassen und die würde auch gehen, weil die Leute ja von den Konserven müde sind. Du kannst ja in Fernsehen eine Show bringen, die kann so phänomenal sein wie sie will. Es ist trotzdem einmal ein Meter und trotzdem Konserve und trotzdem flach. Du kannst ja eine Atmosphäre von einem Fußballspiel oder Eishockeyspiel, kannst du ja gar nicht so übertragen als wenn du live dabei bist. Die meisten Artisten, nachdem die Häuser geschlossen hatten, nachdem es bisschen anfing mit den Gala-Geschäften, hat es sich ja aus sondiert, die Spreu vom Weizen. Also die, die wirklich gut waren die haben bestanden, die konnten durchhalten und die anderen haben die Berufe gewechselt, die haben so was weiss ich ne Kneipe gemacht oder sonst was. Also jetzt, wenn man ein Variété eröffnen würde, wo sind die Artisten? Im Fernsehen, als ich damals den Syd Fox als Manager hatte. Syd Fox war übrigens der Mann der den (Beut?) Bachmann gemacht hat, der viele andere gemacht hat der viele große Stars nach Deutschland gebracht. Louis Armstrong und so weiter. Aber, der war immer hinter mir her. Und hat gesagt, ich mache aus dir den größten Fernsehkomiker in Deutschland. Und ich habe immer gesagt, Otto, ich habe daran keine Interesse. Im Fernsehen ist Komik, war für mich, und das ist immer noch meine Meinung, ein ganz ganz heikles Thema, wenn man ein Sprechkomiker ist. Ich mein, ich kann Sketche spielen ich kann Rollen spielen Gags oder Blackouts oder sonst was, spielt gar keine Rolle und da ist es ja so das die Gefahr da ist, sagen wir mal Du machst ein zwei oder drei Shows und eine kommt nicht an. Jetzt sitzen da 18 oder 20 Millionen Menschen. Die zwei Shows die du vorher gemacht hast, die super waren, die sind schon vergessen. Dann heißt es das ist ja Käse was der da macht. Es heißt ja nicht die Show is Käse, der ist Käse. So, und jetzt ist die Gefahr, siehe (Beut?) Bachmann, da kannst Du nachher noch Geld mitbringen, da nimmt dich keiner mehr. Du bist weg, du bist weg vom Fenster. Die andere Seite ist, hast Du Erfolg und bist drin, dann, wie es ja die ganzen Stars alle machen, kommen dann in unser Geschäft, in unser Gala-Geschäft, und da verdienen sie ja ihr Geld. Mit ihrem Namen. So, der hat’s jetzt geschafft, ein Rudi Carrell macht Gala-Geschäfte. Ein Juhnke macht Gala-Geschäfte. Die verdienen alle ihre schöne Kohle, ein Roberto Blanco verdienen alle ihre Kohle in unserem Geschäft, im Gala-Geschäft. Im Fernsehen ist keine Relation. Ich will kein Star werden. Die Ambitionen habe ich nie gehabt. Ich kenn sie alle, ich sie alle die großen die im Showbusiness rumlaufen. Mit allen war ich mehr oder weniger schon mal zusammen. Ich war ja vier Jahre Conférencier im Tivoli in Kopenhagen. Und wir haben im Tivoli in Kopenhagen vier Monate jeden Sommer, da war nur von Frank Sinatra, Sammy Davis Junior, Marlene Dietrich, Josefine Baker, also alle die einen großen Namen hatten war ich mit engagiert, Elle Fitzgerald, alle wie die da waren. Und eh, ich habe die Leute immer bedauert. Sag ich dir ganz ehrlich. Ich war sehr eng befreundet und sehr lange mit Caterina Valente. Und wie sie groß wurde haben wir eine Tournee zusammen gemacht, drei Monate. Ich habe die Frau immer bedauert, ich fand das furchtbar. Die konnte wo nirgends hin gehen. Die Leute haben immer mit dem Finger gezeigt. Die konnte nicht mal in ruhe essen ohne das die Autogramme geben musste. Verstehst Du. Und da ich ein Mensch bin der gerne seine Ruhe hat, der gerne Briefmarken sortiert, gerne schwimmt oder bootet, oder angeln geht, finde ich mein Leben so wunderbar. Ich habe mein Leben so eingerichtet. Ich will kein Star werden, habe es nie gewollt. Ich will meine Arbeit tun mein Geld verdienen und Spass dran haben und Freude dran haben, nicht dieses permanente Zittern, ist es nun gut oder ist es nicht gut oder wird das was oder wird’s nix.

Live-Mitschnitt eines Auftritts (7. Teil)

Jonny Buchardt

Früher, eben durch das Variété, war man ja eine große Familie, ne. Man hat sich gekannt untereinander, man war durch Zufall zusammen engagiert. Hat sich gefreut wie die Kinder das man sich wieder gesehen hat. Und dann haben sich nach der Veranstaltung die ganzen Artisten immer getroffen irgend wo n Artistenlokal was sie hatten. Da ging es natürlich hoch her, ist ja klar, wurde ja immer geflachst und war ja immer nur und dann hast du ja auch gewissen Typen gehabt in unserem Beruf gehabt, die heute nicht mehr existieren, zum Beispiel Willi Wiskot, ein Komiker. Ein Ruhrpottkomiker. Es gibt ein altes Sprichwort im Showgeschäft. Lieber n Freund verlieren als eine Pointe. Alles fürn Gag. Sagen die Amerikaner immer, “everthing for a joke”. Willi war ja so ein Typ, also der nur Gags drauf hatte der hatte immer nur Ideen. Ich hab mit ihm gemacht, vor 25 - 28 Jahren die Bundesgartenshow in Dortmund (1959), die wurde da eröffnet oder 30 Jahre später und der “Reis” hatte damals das große Zelt und ein Riesenprogramm, Willi Rentmeister Conférencier und ich war als Nummer da. Und unter anderem auch Willi Wiskott, war die Nummer vor der Pause und Willi kippte ja nun gerne einen. Wenn der so halbbesoffen auf die Bühne ging war der ja nicht mehr zu bremsen, der war ja wahnsinnig komisch. Eines Abends ging er auf die Bühne da war also echt so sternhagelvoll das ihn die Leute nicht verstanden haben. Er ist ans Mikrofon gegangen, und da brüllten die von hinten “lauter, lauter”, da ist er näher ans Mikrofon gegangen, da brüllen die wieder “lauter”, da ist er ganz nah ans Mikrofon uns sagte, ich will sie mal was sagen, sie können mich alle am Arsch lecken und ging von der Bühne. Das war natürlich ein riesen Tumult. “alte Sau, pfui” gerufen, Biergläser geschmissen, und wir standen alle hinter der Bühne. Jetzt kam der (“Reiss") Direktor um die Ecke und sagte sie gehen sofort auf die Bühne und entschuldigen sich bei meinem Publikum, sagt er “mach ich nicht”. Wir sagten Willi komm, sonst zerreißt er den Vertrag. Das war ein zwei Monatsvertrag. Und nein, er, nein mach ich nicht. Wie haben ihn gedrängt, riesen Tumult in dem Laden. Also Willi ging wieder auf die Bühne. Und die den dann natürlich gesehen, und “Pfui alte Sau” gerufen, sagt er Moment ne, Moment neh, ich hab mich dat überlegt, sie brauchen mich nicht am Arsch lecken. Die ganzen Komiker die man früher hatte, ob das Perry Jöns war oder, Zychon oder Edgar Ralfs und so weiter ne. Edgar Ralf war auf der Bühne saukomisch und privat nicht. Das hast du ja nun leider. Moderator: Das ist doch interessant, es gibt doch viele Komiker die im Privatleben gar nicht so komisch sind. Es ist mal wirklich so, das die meisten Komiker privat ganz andere Leute waren. Ich will sogar sagen komischerweise. Irgendwo liegt das in der Natur, das du immer oder sagen wir mal 70% gehabt hast, das fast alle großen Komiker oder großen Clowns wenn sie älter wurden, wurden sie böse. Sie wurden privat böse Menschen. Ich weiss nicht warum. Moderator: Hat das eine Ursache? Ich weiss nicht vielleicht weil, Moderator: ihnen das Komisch sein langsam zum Hase raushängt, Jonny: so langsam auf die Nüsse geht, weil ich kann mir vorstellen, ich meine man braucht ja um Komiker zu sein, braucht man nicht blöd sein, wenn du sagen wir mal 30 Jahre den selben Witz erzählst, nur mal um war zu sagen, dann hängt er die ja zum Halse raus aber Du musst ihn 30 Jahre so erzählen das die Leute glauben du erzählst ihn zum ersten mal.

Live-Mitschnitt eines Auftritts (8. Teil)

Jonny Buchardt

Zarah (Leander) war publikumsgeil. Die brauchte aber auch wiederum ihre Selbstbestätigung immer wieder zu wissen, sie hat noch Erfolg. Kann dir ein Beispiel geben, Zarah war vor mir in Helsinki im Linnanmäki. Das ist so wie Tivoli, ein großes Variété. Und da war sie vor mir und wir trafen zwei Tage früher ein, meine Frau und ich, um Zarah zu begrüßen und um sie auf der Bühne zu sehen. Und wir sind die Garderobe gegangen und sie hat sich wahnsinnig gefreut und meine Frau, wie ich ja schon sagte, war Inderin, hat sie extra an dem Abend drei Lieder in Englisch gesungen. Wir saßen vorne in der ersten Reihe. Sie hat einen riesen Erfolg gemacht, sie war ja fantastisch. Und wir hatten uns verabredet anschliessend in ein ungarisches Restaurant das wir da essen gehen und wir sind also direkt ins Restaurant und dann kam Zarah mit ihrem Mann rein und zog ne Flappe. Grüßte uns kaum. Ich sagte zum Arne ihrem Mann, was hat sie denn? Sagt er keine Ahnung, ich weiss nicht. Sie ist auf einmal mal zack. Und dann habe ich sie angesprochen. Zarah was hast du denn, was ist denn los? Und dann hat sie angefangen zu heulen und gesagt, ja, es ist mir unverständlich, das ihr nach der Vorstellung nicht in die Garderobe gekommen seid um mir zu sagen ob ich gut war oder nicht. Na da hab ich gesagt, Zarah, du lieber Gott, erstes mal haben die Leute getrampelt zweites mal weisst du, du bist doch Zarah Leander. Nein, nein, sie konnte es nicht verstehen, sie hat geheult. Also das heißt die brauchte immer wieder die Selbstbestätigung.

Live-Mitschnitt eines Auftritts (9. Teil)

Jonny Buchardt

Ich sehen meinen Beruf von einer Seite wie es viele vielleicht gar nicht sehen. Viele glauben die machen Kohle die verdienen sich dumm und dämlich. Das ist gar nicht war. Ich sehe meinen Beruf von der Seite das ich zwei Stunden oder zweieinhalb Stunden auf der Bühne gestanden habe, habe Leuten Freude geschenkt. Sie haben gelacht, sie haben sich erfreut, das doch heute sehr dünn gesät ist, das die Leute was zum lachen haben und das ist doch irgendwo eine Mission finde ich. Ich meine, wenn ich so n Otto sehe oder so n Emil oder solche Leute, Menschenskinder die erfüllen doch eine Mission. Das ist doch super. Wat ma jetzt da drüber denkt ob der blöd ist oder was aber Hauptsache ich kann lachen und ich freue mich darüber und hab ne halbe Stunde oder fünfundvierzig Minuten am Tag habe ich mal gelacht. Ne? Und das ist doch ne Mission, das ist doch was schönes.

Live-Mitschnitt eines Auftritts (10. Teil)

ENDE